Flüssig-Silikon in Gurtstraffern eröffnet neue Möglichkeiten

Bisher stießen vor allem die Entwickler und Konstrukteure in der Automobil- und ihrer Zuliefererbranche irgendwann zwangsläufig an die Grenzen des Machbaren, wenn es um innovative Produkt- und Systementwicklungen ging. Grund dafür war oftmals, dass die geplanten Bauteile und Anwendungen aufgrund unzureichender Werkstoffe nicht realisiert werden konnten.
Vor diesem Hintergrund gewann der Flüssig-Silikon-Kautschuk (LSR = Liquid Silicon Rubber) in der Planung und Entwicklung immer mehr an Bedeutung. Bereits seit Ende der 80er-Jahre findet dieses Elastomer im KFZ-Bereich als Werkstoff Verwendung. Vor allem im Dichtungs- und Dämpfungsbereich konnte es erfolgreich eingesetzt werden. Daher gewinnen so genannte Hart-Weich-Verbunde (auch 2K-Verbundteile) immer mehr an Bedeutung.
Getreu dem Unternehmensmotto „Präzision im Detail“ entwickelt das Reutlinger Unternehmen Reiff Elastomer-Technik (R.E.T.) integrierte Komplettlösungen im Bereich der Dichtungen und Dämpfungen auf Basis des Flüssig-Silikons. Gerade bei Dichtungssystemen kann durch seinen Einsatz neben höherer Funktionalität und Präzision auch eine dauerhafte Prozesssicherheit erreicht werden. Dabei ist es wichtig, dass besonders enge Maßtoleranzen bei hoher Wiederholungsgenauigkeit eingehalten werden.
Auf der letzten Materialica in München und Fakuma in Friedrichshafen stellte R.E.T. eine Reihe innovativer Produkte und Dienstleistungen im Bereich der LSR-Verarbeitung vor, die maßgeschneidert auf die jeweiligen Aufgabenstellungen des Kunden zugeschnitten sind.
So betrat R.E.T. bei der Mitentwicklung eines Gurtstraffer-Systems für Takata-Petri Neuland. Das im Bereich der aktiven Insassen-Systeme führende Unternehmen Takata-Pertri suchte für eine Produktneuentwicklung einen flexiblen und im Bereich der selbsthaftenden LSR-Verbundsysteme spezialisierten Entwicklungs- und Fertigungspartner und wurde in Reutlingen fündig. Grundlage der gemeinsamen Überlegungen war die besonderen physikalischen Eigenschaften des Flüssig-Silikons. Es zeichnet sich im Vergleich zu anderen Elastomeren dadurch aus, dass sich die Eigenschaften über einen grossen Temperaturbereich nur unwesentlich verändern. Durch die gute Fließfähigkeit des Materials ist die Herstellung von kleinsten Querschnitten und komplizierten Geometrien möglich. Dadurch wird Flüssig-Silikon zunehmend dort interessant, wo andere Werkstoffe und Verbindungen aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht verarbeitet werden können.
Dabei machten sich die Reutlinger Ingenieure die besonderen Eigenschaften dieses organischen Elastomers zunutze, das je nach Mischverhältnis Härtegrade von 20 bis 80 Shore A erreichen kann. Die Basis, auf die ein LSR-„Film“ flächig aufvulkanisiert wird, besteht aus einer 3 mm starken Stahlplatte. Der aufgetragene Film hat eine Schichtdicke von 0,3 mm. Dabei ist ein extrem enges Toleranzfenster von maximal 0,03 mm einzuhalten. R.E.T. löste diese Aufgabe und ermöglichte so, dass die Silikonbeschichtung im störungsfreien Einsatz als Dichtung und definierte Abriebfläche genutzt werden kann.
Die dauerhafte Verbindung von Gummi und Metall muss natürlich neben ihrer Kompaktheit auch temperaturbeständig sein, da das Bauelement durch den Abrieb des Gurtes einem plötzlichen und drastischen Temperaturanstieg ausgesetzt ist. Hier muss sich der Kunde sowohl bei der Verarbeitung als auch bei der Wahl des idealen Werkstoffes auf das Know-how des Zulieferers verlassen können.
Dabei ist das Anwendungspotenzial der LSR-Spritzgusstechnik noch nicht ausgeschöpft. Gerade in der sich immer schneller entwickelnden Automobil- und ihrer Zulieferbranche wächst der Bedarf nach neuen und immer spezielleren Anwendungen, die unter Zuhilfenahme ähnlicher Werkstoffe wie EPDM, NBR oder FPM nicht oder nur bedingt zu realisieren waren. Ein entscheidender Vorteil des Flüssig-Silikons ist auch, dass sich die Zykluszeiten beim LSR-Spritzen gegenüber den genannten Werkstoffen halbieren. Auch die außergewöhnliche Alterungs- und Witterungsbeständigkeit des Materials macht seinen Einsatz wirtschaftlich sinnvoll.
Die zukünftige Nutzung der LSR-Technik im KFZ-Bereich hängt jedoch von der Flexibilität und Innovationsbereitschaft der jeweiligen Zulieferer ab. Das Reutlinger Unternehmen R.E.T. setzt in diesem Bereich Maßstäbe.